Ich gebe es zu. Das ist ein eher ungewöhnliches Thema für diesen Blog und es ist gleichzeitig eine sehr persönliche Angelegenheit. So persönlich, dass ich diesen Beitrag ergriffen von Ärger mitten in der Nacht nieder schreiben muss.
Da ist jemand an einer schweren Krankheit erkrankt, an Krebs, MS oder an einer Depression und was hört er von „gut“ meinenden Menschen? „Du musst mal darüber nachdenken, warum du so krank geworden bist.“ Besonders in esoterischen Kreisen eine gern gewählte Aussage. Ehrlich gesagt, kommt mir die Galle hoch, wenn ich so etwas höre. Als hätte dieser Mensch Schuld an seiner Krankheit, als wisse er, wie es soweit kommen konnte. Wüsste er es, hätte er oder sie es ganz sicher bereits verändert.
Für mich die Aussage eines Menschen, der sein Mitgefühl an der Türe abgegeben und noch dazu seinen eigenen Schmerz ganz sicher nicht berührt hat. Solch unbedachte Aussage hilft nicht. Sie führt dazu, dass es dem Kranken noch schlechter geht. Es ist nicht im Geringsten hilfreich oder heilsam.
Was Spiritualität nicht ist.
Diese Form von Hilfe ist eine verdeckte Form von Hochmut. Spiritualität, die sich in den Mantel der Überlegenheit hüllt, hat für mich nichts mit der Wahrheit und schon gar nichts mit Weisheit zu tun.
Du siehst, dieses Thema bringt mich so richtig in Fahrt. Warum? Weil ich mir selbst über viele Jahre die Frage gestellt habe, warum mein Körper tut, was er tut. Über die Jahre habe ich haufenweise „gute“ Ratschläge und spirituelle Analysen über vermeintliche psychische Causae meiner Erkrankung gehört. Jede dieser Analysen wich von der des Vorgängers ab. Hätte ich darauf gehört, wäre ich ganz sicher irgendwann völlig verwirrt gewesen.
Das Einzige, was mir diese „Hilfe“ damals einbrachte, war, dass ich mich entsetzlich alleine damit fühlte.
Hätte ich den Aussagen geglaubt, hätte ich mich ganz sicher für die Verfassung meines Körpers verantwortlich gefühlt. Das war auch der Grund, warum ich aufhörte nach dem Warum zu forschen. Ich erkannte, welche Auswirkungen das auf mein Wohlbefinden und auch auf mein Selbstwertgefühl hat.
Alte Geschichten liegen in der Vergangenheit. Was dort auf dich wartet, sind nicht selten Gefühle von Schuld, die sich entweder auf sich selbst oder einen anderen Menschen bezieht. Eher nicht der Heilung förderlich!
Der menschliche Körper ist ein Geschenk und ein Wunder.
Ist es nicht eher so, dass Mitgefühl, Annahme und Liebe das sind, was Heilung in einen Schmerz bringen? Und gleicht es nicht einem Wunder, wenn unser Körper bis ins hohe Alter funktioniert, wie ein wunderbares Uhrwerk? Er tut das ganz von alleine, ohne unser Zutun. Er pumpt literweise Blut durch unsere Adern und Herzen. Er atmet ganz von alleine. Seine Muskeln und Sehnen arbeiten so zusammen, das unsere Körper aufrecht stehen und sich bewegen können. Jede Zelle unseres Körpers weiß genau, was sie zu tun hat. Sie weiß sogar, welche Art von Zelle sie werden soll. Mal ganz abgesehen davon, wie unfassbar entstehendes Leben in einem weiblichen Körper oder die Zeugung sind.
Wer weiß schon wirklich, was eine Krankheit ausgelöst hat. Für mich ist Krankheit der Versuch unseres Körpers, ein Gleichgewicht wieder herzustellen. Das Symptom spricht zu uns aber nicht in der Vergangenheit. Es lädt uns ein, danach zu fragen, was es braucht um dieses Gleichgewicht wieder herzustellen. Die Sprache des Körpers funktioniert nicht mit Logik und doch erscheint sie im Nachhinein unglaublich logisch.
Ich finde es höchst spekulativ und manchmal auch anmaßend, wenn jemand behauptet, er kenne die psychische Ursache einer Krankheit. Der einzige Mensch, der dieser Wahrheit auf die Spur kommen kann, ist der Erkrankte selbst.
Wie du wirklich helfen kannst.
Wenn du einem kranken Menschen wirklich helfen willst, dann erlaube ihm, mit allem da zu sein auch mit seiner Krankheit. Erlaube ihm, sich zurückzuziehen und seine Wunden zu lecken. Schenke ihm dein offenes Ohr. Frage ihn, wie er sich fühlt aber dränge ihm nicht deine Analyse oder Lösung auf. Es ist deine, nicht seine. Nur die Antwort, die tief aus seinem Inneren aufsteigt, wird ihm Heilung bringen.
Erkrankungen sind manchmal die Geburtsstunde eines Entwicklungsschrittes. Sie ähneln darin tatsächlich einer Geburt. Deshalb nenne ich es auch manchmal einfach nur Wachstumsschmerzen. Um sich darauf einzustimmen, bedarf es der Stille. Wenn du wirklich helfen willst, frage diesen Menschen, ob du mit seinem Hund gehen, seine Kinder betreuen oder seine Fenster putzen kannst aber halte dich ansonsten zurück. Noch besser fragst du ihn, was ihm im Moment am meisten helfen würde.
Wenn du dich gerade selbst krank fühlst, erlaube dir, mit dieser Krankheit okay zu sein. Krankheit ist kein Grund, dich zu schämen oder als weniger wertvolles Mitglied der Gesellschaft zu fühlen. Diese Gesellschaft hat noch nicht gelernt, Schwäche und Straucheln auszuhalten und beidem mit Mitgefühl zu begegnen.
Erlaube dir, „gute“ Ratschläge als nicht hilfreich abzulehnen und lecke deine Wunden. Dein Vertrauen in dein inneres Wissen und dein bedingungsloses JA zu dir helfen dir jetzt am besten. Lasse nicht zu, dass sich jemand über dich stellt und dadurch noch mehr schwächt. Er kann es nicht wissen. Die Weisheit ist in dir.
Wir Menschen sind Wesen mit wechselnden Befindlichkeiten und dasselbe gilt für unsere Körper. Liebe heißt, jeden dieser Zustände anzunehmen, ohne ihn zu bewerten.
Verantwortung erfordert Bewusstsein.
Und wenn du in der Vergangenheit nicht liebevoll mit dir umgegangen bist, werfe es dir nicht vor. Du hast es nicht besser gewusst. Zu jedem Zeitpunkt dachtest du, dass es das Beste für dich sei. Hättest du es bereits gewusst, hättest du es ganz sicher anders gemacht. Für das, was dir nicht bewusst war, kannst du keine Verantwortung übernehmen. Tust du es doch, vergeudest du Energie an die Vergangenheit, obwohl dein Körper sie jetzt dringend braucht.
Du weißt es jetzt! Mehr braucht es nicht.
Wenn dir bewusst wird, wo du über deine Grenzen gegangen bist und welche Bedürfnisse du nicht bemerkt hast, kannst du es jetzt liebevoller handeln. Das reicht vollkommen. Tue, was dir gut tut – egal, was dir andere sagen.
Vielleicht wird dein Körper nicht mehr heilen. Aber darum geht es auch nicht. Dein Körper ist vergänglich. Früher oder später wird er einfach aufhören zu arbeiten, nachdem er lange funktioniert hat – so lange er eben konnte. Es gibt keine Regel dafür, wie stark einer Körper sein muss. Manche werden mit viel Energie geboren, andere mit weniger. So ist es eben. Das ist eine Realität. Wir können nur das Beste daraus machen, was uns gegeben ist.
Für mich bedeutet Heilung, eben diese liebevolle Beziehung zu mir zu haben und meinem Körper zu vergeben.
Das bringt Frieden. Sind es nicht Frieden und Liebe, die Heilung bewirken?
Alles Liebe
Claudia
Bildquelle: pixabay.com
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Liebe Claudia,
erst einmal danke ich Dir für deinen ehrlichen Artikel, wo Du mit Deiner Emotionalität nicht hinterm Berg hältst – das finde ich sehr mutig. Ich gehöre zu denen, die sehr interessiert sind an den Gedanken anderer, daher habe ich deinen Artikel auch bis zum Ende durchgelesen. Ich bin gar nicht Deiner Meinung, das es keinen Sinn macht nach den Ursachen zu forschen. Dennoch kann ich vieles in Deinem Artikel sehr wohl nachvollziehen, auch wie unangenehm viele Menschen ihr eigenes aktuelles Wissen mitteilen. Denn jeder hat eben auch ein eigenes Wissen. Allerdings finde ich die Methode Krankheit „fällt vom Himmel“ ebenso unmöglich. Damit macht man uns nur zu Pillenschluckern. Was ich nicht ganz zusammenbringe, ist das Thema SCHULD und VERSTEHEN im Zusammenhang mit der Ursachenerkennung. Um Schuld geht es doch gar nicht, eher um Verantwortung und Ausstieg aus dem Opfertum. Wenn man dieses Ursachendenken von Anbeginn einer Störung aufsucht, braucht man nicht warten bis der Körper schreit und streikt und so stark erkrankt – meine Erfahrung.
Da mein Herz sooooo sehr für die Ursachenforschung schlägt – musste ich nun auch meine durch Emotionalität getriggerte Mitteilung an Dich weiter geben.
Sonnige Grüße
Diana
Liebe Diana,
vielen herzlichen Dank für Deine Offenheit und für deinen wertvollen Kommentar. Ich kann Dich gut verstehen und bin da ganz bei Dir. Es ist nur eben in tausend Worten nicht so leicht, alles in einen solchen Artikel rein zu packen. Sehr gerne möchte ich auf Deinen Kommentar eingehen. Vielleicht wird es so klarer, was ich damit gemeint habe.
Wenn ein erkrankter Mensch anfängt, sich auf das „Was“ und „Wie“ einzulassen, meine ich damit, dass er beginnt zu fühlen, was wirklich da ist und wie sich das anfühlt. Tut er das gründlich und mit Mitgefühl für sich selbst, dann steigt meistens das „Warum“ als Erkenntnis von alleine auf und ist dann frei von Schuld. Fragt er sich jedoch zu Beginn einer Erkrankung, warum er erkrankt ist und was er „falsch“ gemacht hat, dann kommt er nicht an diesen Punkt, weil Erkenntnis viel tiefer stattfindet. Das Schlimme dabei ist, dass sich viele Menschen, die krank sind, selber die „Schuld“ dafür geben und das hat eben nichts mit Verantwortung zu tun. Wird das dann vom Außen gespiegelt, ist der Schmerz unerträglich. Verantwortung bedeutet für mich, aus einer Erkenntnis heraus eine Entscheidung zu treffen, die liebevoll ist.
Du siehst, dass mir die Ursachen auch wichtig sind. Ich möchte sie nur als Erkenntnis aus dem eigenen Inneren erfahren, weil mir die Resultate durch „Nach“denken und Grübeln einfach zu ungenau sind.
Ich wünsche Dir einen schönen Abend und sende herzliche Grüße
Claudia