„Die meisten Führungskräfte haben kein Rückrat und geben Verantwortung nach unten ab!“ Dieses harte Urteil traf eine leitende Angestellte in einem Interview mit ihr. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass diese Einschätzung nicht nur weit verbreitet ist, sondern teilweise zutrifft. Deshalb verstehe ich die Versuchung, hier ein generelles Urteil abzugeben.

Aber das wäre erstens nicht fair und zweitens würde es nicht der Realität entsprechen. Wie jeder andere Mensch spiegeln Führungskräfte nur das, was sie in ihrem Umfeld vorfinden. Wem der fehlende A*** in der Hose bei seinem Vorgesetzten auffällt, der darf sich hier zunächst selbst fragen, wo er oder sie keinen hat. Ist unangenehm. Zugegeben! Aber auch eine Chance zu wachsen.

Gleichzeitig stimmt es, dass sich viele Menschen schwer damit tun, klar Position zu beziehen. Es ist also kein explizites Führungsthema, sondern eher ein gesellschaftliches. In verantwortlichen Positionen fällt es nur eher auf, weil die Interaktions- und Entscheidungsfrequenz höher ist. Fehlt diese Fähigkeit, können die Folgen sowohl für die Führungskraft als auch für das Unternehmen unangenehm sein. Deshalb ist es für Leader unerlässlich, ihre Integrität zu schulen.

Integer sein bedeutet charakterfest, redlich  und ehrenhaft zu sein!

Kurz gesagt: Wer integer ist, hat ein klares Profil und steht zu dem was er sagt. Du bist charakterfest und integer, wenn du mit deinen Werten im Einklang lebst. Werte geben Orientierung. Sie stärken deine Identität und verleihen dir Profil. Das ist für jeden Menschen wichtig. Für Führungskräfte ist es das aber besonders.

Werden die eigenen Werte über einen längeren Zeitraum ignoriert, fehlt die klare Ausrichtung. Share on X

Werte entstehen im Laufe des Lebens. Die meisten werden bereits früh in der Kindheit durch unser Umfeld geprägt. Manche bringen wir selbst mit. Sie sind Teil unserer Persönlichkeit. Wenn wir uns nicht eingehend mit ihnen beschäftigen, sind sie uns selten in vollem Umfang bewusst. Erst durch Erfahrungen werden wir auf sie aufmerksam und beginnen sie zu hinterfragen.

Diese Erfahrungen können sowohl positiv als auch negativ sein, je nachdem wie wir darauf schauen. So kann eine Missstimmung bedeuten, dass gerade etwas nicht im Einklang mit unseren Werten steht. Genauso kann ein Gefühl von Sicherheit oder ein anderes Wohlgefühl darauf hinweisen, dass unsere Lebenssituation mit unseren Werten im Einklang ist.

4 Säulen für die integre Führungskraft

Wer ein gutes Standing, eine klare Position und eine hohe Glaubwürdigkeit anstrebt, sollte seine wichtigsten Werte kennen. Aber das reicht meist noch nicht. Du brauchst darüber hinaus Klarheit über die Grenzen deiner Werte. Bis wohin ist dein eigenes oder das Verhalten eines anderen noch mit ihnen im Einklang? Ab wann kommst du innerlich in Nöte, weil deine Integrität bedroht ist? Was brauchst du konkret, um deinen Werten entsprechend zu leben?

Das sind wichtige Fragen, wenn du dein Leben erfolgreich gestalten und entspannt leben willst. Diese berücksichtige ich bei meinen Angeboten im Bereich Führung aber auch für die im Marketing. Überall dort, wo wir mit Menschen zusammen kommen, sind sie von Bedeutung:

  1. Empathie
    In Bezug auf die Wertearbeit hilft Empathie dabei, uns in unsere eigenen Werte einzufühlen. Nicht jeder Wert ist uns willkommen. Trotzdem können wir ihn nicht einfach ignorieren. Erst wenn wir uns näher damit beschäftigt und seine Grenzen erspürt haben, wissen wir genau, wie wir einen Wert zur Gestaltung unseres Lebens nutzen wollen.
  2. Achtsamkeit
    Die Achtsamkeit hilft uns, die Grenzen und die jeweilige Bedeutung eines Wertes für unser Leben wahrzunehmen.
  3. Eigenverantwortung
    Es ist die Eigenverantwortung, die sich für oder gegen etwas entscheidet. Sie ist es auch, die uns in unserem Handeln konsequent sein lässt. Deshalb ist sie eine wichtige Voraussetzung für die Integrität.
  4. Kommunikation
    Durch sie geben wir unserer Persönlichkeit und unseren Werten Ausdruck. Je klarer wir uns darüber sind, desto desto transparenter und authentischer wird unser Ausdruck. Auf diese Weise vermeiden wir unnötige Konflikte.

Durch diese vier Metakompetenzen entsteht Selbstkompetenz – innere Stärke – und das, was ich „natürliche Autorität“ nenne. Bist du hier gut aufgestellt, wirkt sich das positiv auf alle Lebensbereiche aus.

5 Gründe für einen bewussten Umgang mit Werten

Hier gehe ich nun näher darauf ein, welche Gründe für ein gutes Wertebewusstsein sprechen:

1. Werte sind unbestechlich.

In jedem Menschen gibt es eine intrinsische – von innen her kommende – Wertedefinition. Sie zeigt an, welche Bedeutung ein Wert für diesen Menschen hat und wo seine Grenzen verlaufen. Gehen wir über diese Grenzen hinweg, fühlen wir uns unwohl oder werden sogar krank. Manche Werte sind auf frühere Erfahrungen zurückzuführen, andere nur aus dem eigenen Wesen heraus begründet.

Es gilt als bestätigt, dass Werte einen starken Einfluss auf unser Handeln haben. Handeln wir nicht danach, verletzten wir damit unsere Integrität. Das hat Auswirkungen auf Selbstachtung, Selbstvertrauen und somit auch auf das Selbstwertgefühl. Auch wenn wir versuchen ein nicht unseren Werten entsprechendes Handeln zu verdrängen, wird ein Teil von uns dies nicht vergessen.

Hier ein Beispiel:

Nehmen wir an, du hast den Wert Ehrlichkeit oder Rechtschaffenheit. Dieser ist in dir sehr hoch angelegt – die Grenze ist also niedrig. Das bedeutet, dass bereits eine kleine Unehrlichkeit zu einer Störung in deinem Wertegefüge führen kann. Ein Geschäftspartner schlägt dir nun ein „windiges“ Geschäft vor, bei dem du lügen oder am Rande der Legalität agieren sollst. Er verspricht dir ein gutes Geschäft. Schlägst du ein, hast du vielleicht sogar zunächst Erfolg damit. Jedoch wirst du aufgrund deines Wertes kaum Freude an den Resultaten haben. Du wirst deine Gewinne nicht guten Gewissens genießen können. Es ist sogar möglich, dass ein Teil von dir anfängt deinen Erfolg zu sabotieren – eine moralische Keule von innen.

Werte sind unbestechlich! Share on X

Wir können hier nicht so leicht aus unserer Haut, auch wenn wir es uns anders wünschen würden.

2. Werte als Bindungselement

Nun könnten wir uns fragen, warum es dem Geschäftspartner so leicht fällt, am Rande der Legalität zu agieren. Sehr wahrscheinlich werden wir keine zufriedenstellenden Antwort finden. Der Vergleich mit ihm hinkt. Wir können Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Eines steht jedoch im Vorfeld fest: In diesem Geschäft kannst du nur verlieren! Dein Geschäftspartner hat eine weniger anspruchsvolle Definition von Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit. Er fühlt sich am Rande der Legalität länger wohl als du. Deshalb hat er weniger Skrupel.

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass du mit deinem hoch angelegten Wert unbewusst das Geschäft boykottierst, dein Partner aber mit riskanten Aktionen agiert. Konflikte sind hier vorprogrammiert. Dabei möchte ich hier weder die eine, noch die andere Position bewerten.

Für mich sind Werte eine sehr persönliche Angelegenheit. Jeder Mensch hat seine eigene Wertedefinitionen mit entsprechenden Grenzen. Die Frage ist, wie viel Ähnlichkeit in den Werten brauchen wir mit unserem Umfeld, um uns wohl zu fühlen. Deshalb ist es in Beziehungen – egal ob privat oder beruflich – unerlässlich über Werte zu sprechen.

3. Werte als Orientierungshilfe

Weil Werte unbestechlich sind und als fester Bestandteil der Persönlichkeit gelten, können wir sie zur Orientierung für unsere Handeln nutzen. Sie verändern sich deutlich langsamer als äußere Einflüsse. In einer immer komplexer und schneller werdenden Arbeitswelt bringen sie daher mehr Ruhe in die innere Ausrichtung.

Wer seine Werte kennt, ist sich meist auch klar über seine Mission! Share on X

Es lohnt sich, die eigenen Werte genauer zu betrachten oder wie ich es mache in sie hinein zu spüren. Dabei sollten wir nicht nur wissen welche Werte wir haben. Wichtig ist vor allem, mehr über ihre Bedeutung und ihre Grenzen herauszufinden. Nur so werden sie zu einem zuverlässigen Kompass. Je mehr wir über unsere persönlichen Grenzen wissen – der Bereich, wo die Wohlfühlzone endet – desto leichter können wir das kommunizieren.

Aber auch eine gute Kenntnis der Werte unserer Mitmenschen ist von Bedeutung. In allen Partnerschaften, in Unternehmen, Institutionen und Staaten bilden Werte den kleinsten gemeinsamen Nenner auf dem das Miteinander aufgebaut ist. Deshalb ist ein Unternehmen ohne ein klares Leitbild meist kein attraktiver Arbeitgeber. Dann fehlt die gemeinsame Ebene – die Orientierung. Das gilt besonders für die Führungskräfte im mittleren Management, denn bei ihnen laufen solche Unstimmigkeiten häufig zusammen.

Deshalb sind Werte ein wichtiges Gestaltungstool für die Unternehmenskultur.

4. Werte und die Treue zu sich selbst

Dieses an den eigenen Werten orientierte Handeln wird Integrität genannt. Es geht hier dabei um die Treue zu sich selbst. Ein integrer Mensch ist mehr mit sich im Einklang. Er ist entspannter und gelassener. Bezogen auf das zuvor genannte Beispiel wird er das Geschäft wahrscheinlich ablehnen. Nicht unbedingt, weil er über den Geschäftspartner urteilt, sondern eher um mit sich selbst im Reinen zu bleiben. Er weiß, dass Lügen und Betrügen sein sensibles Wertegefüge ins Wanken bringt. Mit einem solchen Projekt würde er sich unwohl fühlen. Mit schlaflosen Nächten wäre zu rechnen.

Er verhält sich integer, wenn er dieses Wissen berücksichtigt. Das bedeutet, dass er sich innerhalb der durch seine Werte vorgegebenen Grenzen bewegt. Das gibt ihm ein Gefühl von Sicherheit und Übereinstimmung. Er ist im Frieden mit sich, weil er sich treu geblieben ist.

Integrität stellt sich ein, wenn wir die Grenzen unserer Werte (be-)achten!

Mit einem klaren Wertebewusstsein navigierst du mit mehr Sicherheit durch deine Beziehungen. Du bist weniger beeindruckbar durch äußere Ereignisse, weil du in deiner Persönlichkeit zentriert bleibst.

5. Werte als Führungsinstrument

Durch Integrität werden deine Werte für andere Menschen erkennbar. Sie spüren es, ohne dass du sie daran erinnern müsstest. Dein Handeln stimmt mit deiner Sprache überein. Dadurch bist du für sie transparenter und verlässlicher. Die meisten Menschen halten dich damit für glaubwürdig, wodurch sie dir mehr vertrauen. Auch wenn sie dir nicht in allem zustimmen, erntest du trotzdem ihren Respekt.

Integrität bewirkt Vertrauen!

Wer auf natürliche Weise – aus der Person heraus – führen möchte, kommt um eine Auseinandersetzung mit seinen Werten nicht herum. Menschen folgen Menschen mit einer hohen Glaubwürdigkeit und Authentizität. Durch Integrität wirst du zum Vorbild für Menschen mit ähnlichen Werten. Dein Mut, zu deinen Werten zu stehen, ermutigt sie, es dir nachzumachen. Eine hohe Integrität ist damit ein wichtiges Bindungselement.

Dasselbe gilt übrigens für Unternehmen und Marken. Mitarbeiter- und Kundenbindung kann meiner Meinung nach nicht gelingen ohne klar definierte Werte.

Kommunizieren kommt vor Missionieren.

An einem Punkt kann sich dieser Vorgang umkehren. Nutzen wir unsere Werte, um andere Menschen zu missionieren, verspielen wir ihr Vertrauen. Jeder hat sein eigenes Wertesystem. Ein allzu dringliches Einwirken wird leicht als Eindringen in den persönlichen Raum empfunden. Für die meisten Menschen ist Freiheit einer der wichtigsten Werte.

Wer Menschen nachhaltig für sich gewinnen möchte, gewinnt eher durch interessiertes Nachfragen, wie sein Gegenüber dazu steht. Es sind die Gemeinsamkeiten, die verbinden. Sie helfen uns, in eine Richtung zu gehen. Über die Unterschiede lässt sich reden. Geschieht dies als Einladung, öffnen sich Menschen gerne und sind eher verhandlungsbereit. Zudem kann ihr Anderssein – auch in ihren Werten – eine wertvolle Ergänzung für ein Team oder eine Beziehung bedeuten.

Unterschiede in den Werten sind Chancen voneinander zu lernen! Share on X

So sind die Werte eines Menschen und sein Umgang damit immer nur als Einladung zu verstehen – nicht als Maßstab aller Dinge. Sollten sie zu weit voneinander abweichen, braucht es etwas mehr Abstand, damit beide sich noch entfalten können. Je näher wir uns stehen, desto mehr sollten wir in unseren wichtigsten Werten übereinstimmen.

Fazit

Integrität ist für andere Menschen wahrnehmbar. Wenn sie auch nicht immer genau sagen können, warum sie ein Gefühl von Übereinstimmung oder deren Abwesenheit spüren. Integrität wirkt durch unser ganzes Sein und Handeln.

Ein klares Wertebewusstsein führt zu einer authentischen und glaubwürdigen Persönlichkeit. Es ist leichter einem integren Menschen zu vertrauen, weil er transparenter und verlässlicher ist. Er wird zum Vorbild, dem Menschen gerne folgen. Hier wird deutlich, wie Personenmarken entstehen. Werte sind Teil des Markenkerns.

Es geht nicht darum, einen Menschen und seine Werte zu verändern, sondern darum, das innere Gold zum Vorschein zu bringen. Für Unternehmer und Führungskräfte sind sie eine wichtige Quelle für ihren Erfolg. Werte unterstreichen die Persönlichkeit und führen zusammen mit den Fähigkeiten und individuellen Eigenschaften zu Unverwechselbarkeit.

Welche Erfahrung hast du mit Werten und Integrität gemacht?

Blühende Geschäfte
Claudia

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